Rede des stellv. Vorsitzenden der FDP-Stadtratsfraktion, Hans-Joachim Schaefer,
anlässlich der Verabschiedung des städt. Haushalts 2022 am 19.05.2022.
>>> es gitl das gesprochene Wort <<<
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
zu aller erst möchte ich mich seitens der FDP-Fraktion bei allen aus Verwaltung und Politik bedanken, die konstruktiv am Haushalt mitgewirkt haben. Ein besonderer Dank gilt dabei natürlich dem Stadtkämmerer.
Im letzten Jahr hat unser Fraktionsvorsitzender in seiner Haushaltsrede gesagt:
Wer zu spät an die Kosten denkt, ruiniert sein Unternehmen,
wer zu früh an die Kosten denkt, tötet die Kreativität.
An der Sinnhaftigkeit dieses Leitspruchs hat sich bezogen auf den diesjährigen Haushalt nichts geändert. Neben der Bewältigung der Corona-Folgen, den Auswirkungen der Flut, sind wir zudem durch die Ukraine-Krise herausgefordert, deren Ende und Auswirkungen aktuell nicht absehbar sind. All dies hat massive Auswirkungen auf unseren Haushalt. Insbesondere in Bezug auf die Aufwendungen in Folge der Corona-Pandemie. Hier bilden wir nun einen „Schattenhaushalt“, aber eine echte finanzielle Entlastung gibt es nicht, nur eine Isolierung der Aufwendungen im Haushalt. Im Jahr 2025 müssen wir entscheiden, ob wir die Kosten vom Eigenkapital (EK) abziehen oder sie über 50 Jahre (!) abschreiben. Eine echte finanzielle Entlastung wäre UNS an dieser Stelle lieber gewesen.
Steuern und Abgaben steigen bis 2025 jedes Jahr um ca. 4 % an (2022 – 78 Mio. bis 2025 – 88 Mio. Euro). Gleichzeitig geht man, bis auf das Jahr 2023, von hohen Erträgen bei den Schlüsselzuweisungen bis zum Jahr 2025 aus.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass es gelungen ist, als Stadt einen Bewilligungsbescheid in Höhe von 96,7 Mio. Euro erhalten zu haben, um den finanziellen Auswirkungen der Flut
städtischerseits begegnen zu können.
Im Hinblick auf die in Aussicht gestellten Mittel in Zusammenhang mit der kommunalen Bewältigung der Ukraine-Krise hoffen wir, dass die Bundesmittel auch zu 100% bei den
Kommunen ankommen.
Zwar schließt der Haushalt 2022 mit einem deutlich geringeren Defizit in Höhe von 6,9 Mio. Euro ab als im Jahr zuvor, jedoch bleibt ein ausgeglichener Haushalt ein nicht erreichtes Ziel. Den Erträgen in Höhe von 176,6 Mio. Euro, stehen Aufwendungen in Höhe von 183,6 Mio. Euro gegenüber. Dunkele Wolken ziehen am Horizont auf, wenn man die vorhergesagten Unterdeckungen bis 2025 in Höhe von 27,6 Mio. Euro betrachtet. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass weiterhin gutes, streng abgewogenes Haushalten in den kommenden Jahren alternativlos ist!
Die Höhe der Ausgleichrücklage in Höhe von 42.2 Mio. Euro zeigt deutlich, dass unsere Heimatstadt von der guten Ertragslage der letzten Jahre profitiert hat. Diese Situation werden wir allerdings absehbar nicht mehr derart haben.
Umso verwunderlicher erscheint uns Liberalen die derzeitige politische Situation im Euskirchener Rat. Die einen fühlen sich der Haushaltsdisziplin verpflichtet, die anderen interessiert es nicht, ob die Stadt oberhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten agiert, Hauptsache ideologische Forderungen werden ohne sich zu hinterfragen umgesetzt. Kurz: Die einen -RECHNNEN- und treten für eine Politik mit Augenmaß und
Nachhaltigkeit ein, die anderen -FORDERN- ohne eine Gegenfinanzierung darzulegen.
Doch nun zu den Themen, die seitens der FDP in den Haushaltsberatungen eine wichtige Rolle spielen:
Städtebauliche Entwicklung, Wiederaufbau und Hochwasserschutz
Die FDP begrüßt die Entwicklungen hinsichtlich des Neubaus des Verwaltungsgebäudes im Quartier der City-Süd. Die Trendwende alte Gebäude auf den heutigen Stand der Technik auszubauen und mit Erweiterungsbauten zu optimieren hat in der Vergangenheit gezeigt, dass dies nicht immer die wirtschaftlichste Lösung darstellt. Auch die Überlegungen in unmittelbarer Nähe eine neue Veranstaltungsstätte zu
realisieren, um Synergieeffekte zu nutzen, stößt in den Reihen der FDP auf Zustimmung. An dieser Stelle gilt jedoch der aktuelle vorgeschlagene Standort seitens der Verwaltung entlang der Roitzheimer Str. nochmals hinsichtlich der Schallemission und der Verkehrsanbindung eingehend zu überprüfen. Aus unserer Sicht eignet sich der Alternativ Standort ehemaliges „Bündergelände“ für eine etwaige Veranstaltungsstätte mit der
Möglichkeit für Open Air Veranstaltungen eher. Ein zweites innerstädtisches EuCF, mit oben genannten Randbedingungen, möchten wir gerne vermeiden.
Die Innenstadtentwicklung steht nach der Auswirkung der Flut auf einem Scheidweg. Wir haben in Kombination mit dem ISEK die Chance die Innenstadt zukunftsorientiert neu zu gestalten. Hier sind seitens der Verwaltung sämtliche Möglichkeiten in Betracht zu ziehen eine moderne attraktive Innenstadt zu entwickeln. Was helfen die modernsten und innovativsten Geschäfte, wenn das Gesamtensemble hier nicht in Einklang gebracht wird. Aus Sicht der FDP hat die Verwaltung die Chance das große Potential der Kreisstadt auf einen guten Weg zuführen, wenn die Weichen mit Bedacht und Weitblick gestellt werden.
Besonders freut es uns, dass mit dem nun ins Auge gefassten Interkommunalen Hochwasserschutzkonzept die gesamten Gewässerverläufe von Bleibach, Veybach und Erft in den Blick genommen werden. Dabei kann durchaus abhängig von den topographischen und hydraulischen Gegebenheiten der Hochwasserschutz für Euskirchen in benachbarten Kommunen stattfinden und umgekehrt.
Auch die städtebauliche Entwicklung befindet sich zur Zeit auf der Überholspur. Mit der Entwicklung der westdeutschen Steinzeugwerke erhält die Stadt ein modernes, zeitgenössisches Wohnquartier. Auch die immer wichtiger werden Punkte Nachhaltigkeit und Klimaneutralität sind seitens des Projektentwicklers erkannt und in die Gestaltung und Planung des Quartiers eingearbeitet worden. Mit diesem Projekt wird die Stadt ein
anderes Gesicht erhalten und die Entwicklung der City-Süd weiter vorangetrieben werden. Unsere Heimatstadt wird als Mittelzentrum gestärkt und kann als Gewinner in die Zukunft blicken.
Nun zum Thema Steinbachtalsperre…
Die FDP tritt dafür ein, die Steinbachtalsperre nicht nur als Naherholungsgebiet mit einem unattraktiven Regenrückhaltebecken weiter zu führen, sondern darüber hinaus die Belange eines technisch flexibel ausgerichteten Hochwasserschutzes mit einem Stausee, einer Wasserbevorratung für Löschwasser und Bewässerung, dem Erhalt des beleibten Waldfreibades und einem um den Stausee führenden Wanderweg auszubauen. Es muss bei einer qualifizierten Wettervorhersage und einem Frühwarnsystem für Extremwetterereignisse möglich sein, vorausschauend mit einem flexiblen Wasserstand im
Stausee zu operieren. In dieser Form werden nicht nur die Menschen, sondern auch die Umwelt davon profitieren.
Mobilitätskonzept
Das der ÖPNV gestärkt und gefördert werden muss, steht außer Frage. Die ins Auge gefasste Verdichtung von 20 auf einen 15-minutigen Taktverkehr bei den SVE-Stadtbussen muss aber angesichts der Finanzierbarkeit hinten angestellt werden. Schließlich ist angesichts der bedeutsamen Mehraufwendungen von rd. 3 Mio. Euro die veränderte Ertragslage der e-regio als Finanzier zu beachten. Deren Ausschüttungen in Zeiten einer Energiekrise lassen einfach solche Maßnahmen derzeit nicht zu. Forciert werden sollten jedoch Maßnahmen wie der Haltepunkt der Bahn in Elsig. Dort, wo eine Zugverbindung besteht, sollte auch schnellst möglichst eine Zu- und Ausstiegsmöglichkeit für Bahnreisende geschaffen werden. Bislang hält der Zug zwar 2 mal in Elsig, aber nur zur Sicherung eines unbeschrankten Bahnübergangs. Pendler aus Elsig sollten den Zug nicht nur sehen, sondern auch damit fahren können.
Energieproduktion auf Flächen der Nahrungsmittel- und Futtermittelerzeugung
Die Ukraine-Krise hält uns vor Augen, welchen Wert hochwertige landwirtschaftliche Flächen für die Nahrungsmittel- und Futtermittelerzeugung haben. Daher gilt es, Konflikte zwischen Nahrungsmittelerzeugung und flächenbeanspruchender Energieproduktion zu entschärfen. Zu aller erst müssen Potentiale im Bereich von Dächern, Parkplätzen, Konversionsflächen und sonstigen nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen bis zu einer lokalen Auslöseschwelle ausgeschöpft werden. Der Entzug hochwertiger Acker- und Grünlandflächen für PV-Freiflächenanlagen sollte tunlichst vermieden werden. Stattdessen fordern wir auch den Weg hin zu praxistauglichen Agri-PV-Systemen auch in der Zülpicher Börde mit zu gehen. WENN Energieproduktion auf landwirtschaftlichen Flächen – DANN sollte sie künftig in der Nahrungsmittel- und /Futtermittelerzeugung integriert werden und nicht umgekehrt!
Nach wie vor tritt die FDP für eine Biotopvernetzung zwischen Waldflächen und eine sinnhafte Neubegründung von Waldflächen und Saumstrukturen am Stadtrand ein, um die positiven ökologischen Auswirkungen auf des städtische Klein-Klima nutzen zu können.
Wir Liberale sehen den Haushalt 2022 als ein Haushalt des Wiederaufbaus an. Diesen zu bewerkstelligen erfordert sowohl finanziell als auch personell hohe Anstrengungen. Hinzu kommen bedeutsame Investitionen durch den Verwaltungsneubau, sowie insbesondere bei Schulbauten, Kindertagesstätten und Sportstätten, ferner noch bei den notwendigen Infrastrukturmaßnahmen. Diese zwingend bzw. notwendigen Maßnahmen
schränken andere wünschenswerte Maßnahmen ein. Daher verzichtet die FDP-Fraktion darauf, weitere haushaltswirksame Anträge zu stellen. Der bestehende Haushalt bietet die Basis, viele sinnvolle Maßnahmen zu realisieren; für „Wolkenkuckucksheime“ & „Bullerbü“ besteht hingegen keine finanzielle Basis. Bestehende Ressourcen zu nutzen, ist also die Maxime. Wir bauen u.a. darauf, dass die gute Sozialarbeit unserer Partner aus den Wohlfahrtsverbänden erfolgreich weitergeführt werden kann und dass das inzwischen etablierte Konfliktmanagement für soziale Brennpunkte greifen kann. Auch möchten wir mehr über die Arbeit des kriminal-präventiven Rats erfahren.
Denkmalförderung in unseren Ortsteilen und in der Kernstadt
Ehrenmale, Wegekreuze, historische Gebäude sind Identifikationspunkte im Kernstadtbereich und insbesondere in unseren Ortsteilen. Hier fordern wir die Verwaltung auf, die zum Teil stark vernachlässigten Denkmale auch mit Mitteln des NRW-Denkmalförderung in einen nachhaltig guten Zustand zu versetzen, natürlich unter der Berücksichtigung der Haushaltssituation und des bürgerschaftlichen Engagements vor Ort.
Personelle Ausstattung der Verwaltung
Trotz aller Haushaltsdisziplin muss die Verwaltung in die Lage versetzt werden, bürgernah ihre anvertrauten Aufgaben zu erfüllen. Hier müssen auch Neueinstellungen punktuell künftig möglich bleiben. Aufgrund des demographischen Wandels ist es von besonderer Bedeutung, eigenen Verwaltungsnachwuchs aus zu bilden. Insbesondere ist Wert auf Optimierungen zu legen, die kein Geld kosten, aber zum Beispiel durch straffere Strukturen zu mehr Arbeitszufriedenheit und mehr Work-Life-Balance innerhalb der Verwaltung führen. Denn eines ist doch klar, nur Verwaltungsbeschäftigte, die ihre Arbeit gern erledigen, erfüllen ihre Dienstleistungsaufgaben zufriedenstellend gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
Unser Votum zum Haushalt 2022
Wir als FDP-Stadtratsfraktion übernehmen Verantwortung für den städtischen Haushalt und stimmen der Haushaltssatzung zu.
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT !