Freiheit ist ein hohes Gut. Ein so hohes und erstrebenswertes Gut, dass sogar darum – um ein aktuelles und nahes Beispiel zu nennen – Menschen in der Ukraine unter Lebensgefahr dafür kämpfen bzw. sich verteidigen.
Hierzulande freut man sich über Lockerungen bei den Corona-Schutzverordnungen. Man gewinnt wieder mehr Freiheit durch Wegfall der Maskenpflicht; man kann wieder freier atmen, sich freier bewegen.
Doch schon merkt man, dass manche Leute für die „Freiheit“ die nötige Reife besitzen oder eben nicht besitzen. Hier sei Jean-Jacques Rousseau treffend zitiert: „Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.“
Man kann im wahrsten Sinne des Wortes nicht gänzlich uneingeschränkt tun, was man will. Ein Leben in Freiheit bedingt auch gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt. Ein Verzicht auf die Maskenpflicht bedeutet ja nicht, dass man beispielsweise beim Einkauf im Nahversorgungsmarkt auf jeglichen Abstand verzichtet, jemandem schniefend im Nacken hängt und ihm über die Schulter in die Regale greift. Man kommt auch an der Kasse nicht schneller zum Zahlvorgang, wenn man auf den Vordermann eng aufschließt. Merkwürdig, dass man aus all den Monaten der Vergangenheit mit den Restriktionen nichts gelernt hat. Schließlich ist durch Aufhebung der Verbote die Infektionsgefahr nicht behoben, sie ist nur nicht mehr so schlimm in ihren Auswirkungen. Heißt aber nicht, dass jetzt jede Vorsichtsmaßnahme, jede Abstandshaltung überflüssig ist. Außerdem gibt es Mitmenschen, die nach wie vor stark gefährdet sind, weil sie sich nicht impfen lassen können oder nur über ein unzureichendes Immunsystem verfügen. Für sie wäre eine Infektion unter Umständen lebensbedrohend.
Bleibt die Frage, wer oder was vermittelt (heutzutage) die notwendigen Werte eines angemessenen Zusammenlebens in Freiheit und geprägt durch Respekt und Rücksichtnahme. Elternhaus, Kindergarten, Schule und gesellschaftliche Institutionen sowie vermeintliche Vorbilder wären da zu nennen, aber leider auch als Versager aufzuführen. Eine Selbstreflexion, mehr Respekt und Rücksichtnahme könnten uns allen jedenfalls nicht schaden, damit „Freiheit“ auch ein wirklich freiheitliches Miteinander aller Gesellschaftsgruppen einschließlich den Menschen mit Handicap bedeutet; schließlich damit auch alle „Freiheit genießen“ können.