Strecke Georgstraße – Kirschen-/Pappelallee -, Boenerstraße – Th.-Eßer-Straße wird zum Desaster
Seit Herbst letzten Jahres liegt ein neues Radverkehrskonzept vor. Es umfasst sage und schreibe 1.445 Seiten. Kostenumfang der aufgeführten Maßnahmen bezogen auf alle Baulastträger 65,1 Mio. €, wovon auf die Stadt Euskirchen 20 Mio. € entfallen sollen; Steuergelder sind es allemal.
Die ersten Maßnahmen sind für 2023 geplant mit Kosten von rd. 900.000 €. Mit ganz oben auf der Umsetzungsliste steht die Strecke von der Georgstraße bis einschl. Thomas-Eßer-Straße. FDP-Fraktionsvorsitzender Manfred van Bahlen hat exemplarisch die Vorschläge des Planungsbüros für die vorgenannte Strecke einer kritischen Würdigung unterzogen und ist konsterniert. Seine Bedenken und Kritikpunkte hat er schon im zuständigen Fachausschuss der Stadt am 2. Februar vorgebracht.
Das Kölner Planungsbüro schlägt vor, den Radverkehr statt über die bestehenden, separat geführten Rad-/Gehwege über die Straße/Fahrbahn zu leiten.
Zweifellos werden nach heutigen Erkenntnissen die separat geführten Rad-/Gehwege nicht überall die notwendige Breite aufweisen. Aber muss dies zwingend zur Konsequenz haben, dass sich dann der Radverkehr zusammen mit dem Kfz-Verkehr, also der fließende Verkehr, komplett und an Engstellen lediglich auf einer Breite von 3,80 m quälen muss, bzw. falls noch am Fahrbahnrand parkende Fahrzeuge abgestellt sind auf einer noch geringeren Breite?
Schließlich ist als durchgängiges Hauptziel des Radverkehrskonzepts die Sicherheit der Radfahrenden ausgewiesen. Dies ist hier aber keineswegs gegeben. Im Gegenteil, der Radverkehr soll die sicheren, separat geführten Radwege verlassen und mit dem Kfz-Verkehr konkurrieren. Dabei tun sich nach Auffassung von Manfred van Bahlen insbesondere folgende Schwachstellen auf:
Bahnübergang Georgstraße
Bei Zugverkehr und demzufolge geschlossenen Schranken setzt sich nach deren Öffnung ein Pulk von Radfahrern und Autos gleichzeitig, und zwar gemeinsam auf der Straße für die Weiterfahrt in Bewegung. Radfahrer eben nicht mehr auf dem parallel zur Fahrbahn geführten Rad-/Gehweg, der jeweils mit eigenen Schranken versehen ist. Radfahrer schwanken bei Aufsteigen durchaus schon mal und dürfen nur mit Abstand von 1,50 m (was nahezu unmöglich sein wird) überholt werden. In Punkto Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs an dieser Stelle ein Unding. Es wird zu Unmut sowohl bei den Rad- als auch bei den Autofahrer/innen kommen. Die Einen fühlen sich gedrängt, die Anderen fühlen ihre Geduld unnötig strapaziert.
Engstellen auf Boener- und Thomas-Eßer-Straße
Die Boenerstr. verfügt über breite Rad-/Gehwege vergleichbar dem Basingstoker Ring. Was dort bei wesentlich mehr Fußgänger- und Radverkehrsaufkommen vom Planungsbüro als durchaus akzeptabel angesehen wird, soll bei der Boenerstr. wegen Konfliktpunkten zwischen Fußgängern und Radfahrern geändert werden, und zwar mit Kosten von 11.600 € allein für Markierungen.
Dabei verschweigt das Planungsbüro die Engstellen auf der Boenerstr., nämlich die durch Baumscheiben und Fußgängerüberwege gegeben sind. Hier muss sich der fließende Verkehr mit einer Breite von rd. 3,80 m zufrieden geben, während parallel die eher selten anzutreffenden Fußgänger rd. 5 m (beidseits jeweils 2,50 m) auf dem sodann ehemals kombinierten Rad-/Gehweg für sich haben.
Bei der Thomas-Eßer-Str. sieht es ähnlich aus.
Für beide Streckenabschnitte stellt sich die Frage, ob die vorgesehenen Fahrrad-Piktogramme, die auf die Fahrbahn kommen sollen, das Parken von Fahrzeugen nachhaltig (mit Sanktionsmöglichkeiten) verhindern können. Überdies die Frage, angenommen, die Anwohner parken ihre Fahrzeuge auf ihrem Anwesen; wo soll z. B. Liefer- und Handwerkerverkehr oder Fahrzeuge des ambulanten Pflegedienstes parken; wo die Patienten einer Arztpraxis?
Müssen/sollten Radfahrende (z. B. Eltern mit Lastenrad oder mit Kindern im Fahrradanhänger) künftig bei den Engstellen (Baumscheiben, Zebrastreifen) anhalten, falls ihnen dort vorfahrtsberechtigter Verkehr entgegenkommt?
Im letzten Straßenabschnitt schlägt das Konzept dann kurioserweise separate Rad-/Gehwege parallel zur Straße vor (Kosten: 242.200 € für ca. 300 Meter beidseitig straßenbegleitende Verkehrsführung). Welchen Sinn macht denn dies, wenn ansonsten im betrachteten Streckenabschnitt von Georgstr. bis 2/3 der Th.-Eßer-Str. genau das Gegenteil, nämlich Radverkehr auf der Straße, praktiziert werden soll?
Fragen über Fragen und eines bleibt schon klar, die Sicherheit und damit die Freude am Radfahren wird auf der Strecke bleiben und das Ganze kostet auch noch richtig Geld, nämlich insgesamt für den Streckenabschnitt von Georgstraße bis einschl. Th.-Eßer-Straße 313.600 €.
Schließlich sei auf die Praxis in unserem Nachbarland den Niederlanden hingewiesen, wo eine „konsequent durchgeführte Trennung des Radverkehrs vom motorisierten Verkehr“ präferiert wird. „Ohne diese Trennung wäre der hohe Radverkehrsanteil in den Niederlanden nicht zustande gekommen.“ So die Führungskräfte von Mobycon, einem unabhängigen Beratungsunternehmen aus den Niederlanden mit mehr als 35 Jahren Erfahrung in dem Beitrag „Fahrradparadies Niederlande als Vorbild für Deutschland“ (Städte- u. Gemeindebund 5/2022).
Für FDP-Fraktionsvorsitzender Manfred van Bahlen ist schon klar, wenn dies wirklich umgesetzt werden sollte, werden viele Radfahrenden genauso wie er mit seiner Frau mit dem Tandem diese Strecke aus mangelnden Sicherheitsgründen nicht befahren. Schade um die investierten Steuergelder.
Eheleute van Bahlen mit Freude auf sicherem Radweg unterwegs, – Foto privat